Rezension zu »Das Diamantenmädchen« von Ewald Arenz

In den 1920er Jahren ist Lili eine aufstrebende Journalistin bei Ullsteins »Berliner Illustrirten Zeitung« und angekommen im Großstadtleben Berlins. Bei einem Staatsbankett trifft sie zum wiederholten Mal Staatssekretär Carl von Schubert, der sich mit einer Frage an Lili richtet: Gebeutelt von den Reparaturzahlungen des Ersten Weltkriegs, ist die Reichsregierung heimlich an eine beachtliche Menge Rohdiamaten geraten, mit denen sie die eigene Staatskasse auffüllen möchte. Was fehlt ist ein erstklassiger wie verschwiegener Diamantenschleifer. Lili empfiehlt Paul, ihren Kindheits- und Jugendfreund, der seit seiner Rückkehr aus dem Krieg ein zurückgezogenes Leben führt und keinen Kontakt mehr zu Lili hat. Durch dieses Ereignis kommen sich Lili und Paul langsam wieder näher, knüpfen an an alte Erinnerungen. Doch je mehr Lili die Vergangenheit aufleben lässt, desto mehr kehren auch die Erinnerungen an ihren Bruder Wilhelm zurück. Gleichzeitig wird auf einer der Straßen Berlins die Leiche eines afroamerikanischen Mannes gefunden, bei sich trägt er einen Rohdiamanten. Komissar Dr. Schambacher versteift sich in die Ermittlungen, die ihn bald auch Lilis Wege kreuzen lassen. 

Der 20er-Jahre Flair dieser Geschichte hat mich vom ersten Moment an gepackt. Die Orte und Geschehnisse werden in einer so lebhaften, leicht melancholischen Sprache beschrieben, dass ich das Gefühl hatte, dort zu sein und die verregneten Straßen eines Berlins von vor 100 Jahren deutlich vor meinen Augen gesehen habe. Ich mag es ja, wenn ein Buch in zwei Zeitebenen spielt, die unweigerlich ineinander überfließen werden. So auch bei »Das Diamantenmädchen«. Durch Rückblenden erleben wir Lilis Kindheit und Jugend, die Freundschaft zwischen Wilhelm, Paul und ihr, die Auswirkungen des Weltkriegs. Im heute begleiten wir Lili dabei, wie alte Wunden aufgerissen werden und versuchen, zu heilen, sich Menschen, die sich auseinandergelebt haben, wieder versuchen anzunähern. Gleichzeitig verfolgen wir Dr. Schambachers Ermittlungen, die ihn immer tiefer in das Diamentenmilieu führen bis hin zu einem aufgeladenen Showdown. Ich war wirklich gerne in dieser Welt, die vertraut und fremd zugleich ist. Als Buchwissenschaftsstudentin fand ich die historischen Einblicke in die BIZ und Ullstein super faszinierend, davon hätte ich noch so viel mehr lesen können. In gewohnt leichter und doch gefühlvoller Manier schildert Ewald Arenz die Auswirkungen eines Weltkriegs: den Schmerz, die Verluste, die Angst, die Auswirkungen auf ein ganzes Land wie einzelne Menschen. Ich mochte Lili, diese aufgeweckte junge Frau, die in ihrer Art und Denken ihrer Zeit voraus ist. Ich glaube, mir kam das Ende zu schnell, ich war nicht bereit, herausgerissen zu werden aus der kreierten Atmosphäre, die mich komplett für sich eingenommen hatte. Ich wollte mehr, länger verweilen. Und ja, das Kritik auf dem allerhöchsten Niveau und eigentlich auch nur der persönliche, äußerst egoistische Wunsch nach 100 Seiten mehr.




..................................................................

Daten zum Buch
Titel: Das Diamantenmädchen
Autor*in: Ewald Arenz
Sprache: Deutsch
Verlag: DuMont
Taschenbuch | 320 Seiten | ISBN: 978-3-8321-6667-0

Kommentare