Rezension zu »Dinge, die wir brennen sahen« von Hayley Scrivenor

»Wir sind die Kinder einer Stadt, die schon im Sterben lag, als es uns noch nicht gab. Daraus sollten Sie aber keine falschen Schlüsse ziehen. Es wird hier immer Kinder geben, denn so muss es sein.«

Durton, eine Kleinstadt im ländlichen Hinterland Australiens, von den dort wohnenden Kindern nur Dirt Town genannt. Der 30. November, ein glühend heißer Tag unter der australischen Sonne. Ronnie und Esther, beide 12 Jahre alt, sind beste Freundinnen, seit sie denken können. Zwei Freundinnen, die sich nach der Schule auf den Heimweg machen. Nur eine von beiden kommt zuhause an. Noch am selben Tag wird die groß angelegte Suche nach Esther gestartet, ein auf Vermisstenfälle spezialisiertes Ermittler*innen-Team wird hinzugezogen. Esther scheint spurlos verschwunden. Bis ihre Leiche wenige Tage nach ihrem Verschwinden gefunden wird. Was ist mit Esther geschehen? Wer aus der Kleinstadt weiß etwas? Wer hat ein Kind ermordet? Die Ermittler*innen Sarah und Smithy begeben sich tief in die Ermittlungen und tauchen ein in eine Gemeinschaft, die versucht Trauer und Schock zu verarbeiten. Eine Gemeinschaft, die schnell tiefe Risse, Verdächtigungen und Abgründe zum Vorschein bringt.

»Dinge, die wir brennen sahen« hatte mich ab dem ersten Kapitel. Es wurde durchweg eine düstere, ominöse Grundstimmung erzeugt, von der ich mich einfach habe mitreißen lassen. Die wechselnden Kapitel der wechselnden handelnden Figuren, wodurch wir Lesenden immer nur einen Teil der Geschichte erfahren, der sich jedoch nach und nach zu einem großen Ganzen verwebt, haben mich sehr an True Crime erinnert und für sich eingenommen. Auch durch die kleinen Cliffhanger am Ende der Kapitel und die allwissende, jedoch nicht alles verratende Kinder-Stimme aus dem Off. Ich liebe Bücher, bei denen ich am Ende des Kapitels nicht bereit bin, aufzuhören, sondern noch eins und noch eins lesen will. 

»Dinge, die wir brennen sahen« ist raffiniert erzählt, übertritt die Grenze aus Roman und Krimi, spielt mit ihr und ist doch nie überspitzt, sondern alltäglich schaurig in seiner Handlung. Ich habe mich einfach treiben lassen, bin ein bisschen verschwunden in den Zusammenhängen, den zwischenmenschlichen Verstrickungen, dem unter der Oberfläche brodelndem Elend, den Geheimnissen, dem Schmerz einer Kleinstadt im Hinterland, in der alle alle kennen und das schicksalhaft Böse nur ein erhitztes Gemüt braucht, um sich seinen Weg an die Oberfläche zu bahnen. Ich hab's gern gelesen!

»Niemand kann aus seiner Haut, niemand weiß, wozu er fähig ist, vor allem in Momenten, wenn niemand zusieht.« 




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Daten zum Buch
Titel: Dinge, die wir brennen sahen
Autor*in: Hayley Scrivenor
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen übersetzt von Andrea O'Brien
Verlag: Eichborn
Hardcover | 368 Seiten | ISBN: 978-3-8479-0115-0

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