Rezension zu »Versuchung à la Provence« von Andreas Heineke

»Die Landschaft vor ihm ein Gemälde. Er hörte das Summen der Bienen, roch den Lavendel, der in diesen Wochen die Provence veränderte. Die ganze Landschaft lag unter der lilafarbenen Decke, die sich, so weit das Auge reichte, über die Hügel erstreckte und sie in dieses eine besondere, klare Licht tauchte, das es nur hier gab.«

Frühling in der Provence. Der Lavendel beginnt zu blühen, die Geschäfte und Restaurants erwachen aus dem Winterschlaf, öffnen ihre Türen und machen sich bereit für den Beginn der neuen Tourismus-Saison. Nach seinem unerwartet turbulenten Einstieg in den Alltag als Dorfgendarm vor wenigen Wochen in »Tod à la Provence« freut sich Pascal darauf, endlich in Ruhe in seiner Wahlheimat anzukommen und seinen ersten provenzalischen Frühling zu erleben. Doch eine Schreckensmeldung verhindert seine Pläne: Fünf Köche erhalten als Beigabe ihrer täglichen Fleischlieferung einen abgetrennten Finger. Zufall ausgeschlossen. Erneut wird Pascal von der Police Nationale gebeten, bei den Ermittlungen zu helfen. Zusammen mit Audrey von der Police Nationale, für die er mehr als eine berufliche Sympathie hegt, stürzt er sich in die Ermittlungen, die schnell äußerst überraschende und grausame Züge annehmen: So gehören die fünf betroffenen Köche einer sehr speziellen Gourmet-Bruderschaft mit lange zurückreichender Geschichte an, die für eine elitäre Oberschicht barbarische Menüs zubereitet. Eine Bruderschaft, die der örtlichen Tierschutzbewegung schon lange ein Dorn im Auge ist. Doch würden die Tierschützer*innen für ihre Überzeugungen so weit gehen zu morden? Oder steckt noch mehr hinter dieser Bruderschaft, deren Anfänge bis in die Anfänge der französischen Gourmet-Küche zurück reichen? Unerwartet erhält Pascal zusätzliche Ermittlungshilfe von Claude, dem Verlobten von Pascals Tochter, der ihm als Sternekoch einen exklusiven Zugang zu der Bruderschaft verschaffen kann. Doch der Fall ist so undurchsichtig wie barbarisch und die Geschehnisse drohen sich zu überschlagen.

Ich habe schon mehr Krimis und Thriller gelesen, als dass ich mich an sie alle erinnern könnte, aber: »Versuchung à la Provence« wird mir definitiv in Erinnerung bleiben! Meinetwegen kann man in Krimis/Thrillern so ziemlich alles anstellen, was einen an Abartigkeiten einfällt. Mit Menschen. Klar, man schluckt mal, ist angewidert, geschockt, hofft, dass niemandem das in der Realität passiert. Aber das gehört dazu. Was diese Bruderschaft in »Versuchung à la Provence« allerdings an Tieren verbrochen hat, war schwer für mich zu ertragen. Ich kam noch nie so sehr an meine Grenzen. Ich habe geweint, gehasst, bin verzweifelt, habe Mordfantasien ohne Ende entwickelt, Rachegelüste gespürt, musste das Buch beiseite legen, um zu verhindern, dass ich gegen die Wand schmeiße, brauchte eine Umarmung von meinem Freund und eine Pause vom Inhalt. Ich wollte diese Bruderschaft brennen sehen, brennen lassen, jedem einzelnen Mitglied das und schlimmeres antun, das sie den Tieren antun. Ich war so wütend wie noch nie bei einem Krimi, mir war richtig gehend körperlich schlecht. Würde ich nicht sowieso schon kein Fleisch essen, nach diesem Krimi wäre es mir definitiv nicht mehr möglich gewesen. Das soll euch jetzt bitte bitte bitte nicht abschrecken, diesen Krimi zu lesen, im Gegenteil, denn: Er ist fantastisch! Ich liebe es, dass er so viele so starke Emotionen in mir hervor gerufen hat. Da dachte ich schon, langsam stumpfe ich ab und dann kam »Versuchung à la Provence«. Außerdem: Der Fall ist verworren und spannend, die Aufklärung überraschend. Die Einblicke in Entstehung und Entwicklung der französischen Haute Cuisine, die das Hauptthema dieses Krimis waren, waren super faszinierend und interessant, die Geheimnisse rund um die Bruderschaft fesselnd. Faszinierend und erschreckend dieser Wahn, der alle Widersprüche in ihrem Handeln und ihrer Denkweise für sie ausradiert. Pascal wiederum wächst mir als Figur mit jedem Teil mehr ans Herz (auch wenn ich in einer Hinsicht so gerne schütteln möchte). Die entstehende Beziehung zwischen ihm und Audrey ist eine wundervolle kleine Liebesgeschichte, die der Reihe einen ganz eigenen Touch verleiht, denn sie ist eben nicht nur Krimi, sie ist auch Roman. Auch im Hinblick auf Pascals Beziehung zu seiner Tochter Lillie, die auch in diesem zweiten Teil eine relevante Rolle spielt. Nicht zu vergessen diese warmen, schönen Landschafts- und Naturbeschreibungen der Provence voller Gefühl und Herz, die einfach nur Sehnsucht nach diesem Fleckchen Erde erwecken.

Kurzum: »Versuchung à la Provence« hat so einiges zu bieten!




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Daten zum Buch
Titel: Versuchung à la Provence
Autor*in: Andreas Heineke
Sprache: Deutsch
Verlag: Emons
Taschenbuch | 286 Seiten | ISBN: 978-3-7408-0514-2

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