Rezension zu »Love on the Brain« von Ali Hazelwood

Die Neurowissenschaftlerin Dr. Bee Königswasser hat nach einem privat wie beruflich enttäuschenden Jahr der Liebe abgeschworen. Die Liebe ist ja sowieso nur ein rein neurologisches Konstrukt und Zerstörer zwischenmenschlicher Beziehungen. Eine lästige Ablenkung, nichts weiter. Wesentlich interessanter ist die berufliche Chance, die sich Bee bietet, vielleicht DIE eine große Chance ihrer gesamten Karriere: Als Co-Teamleitung soll sie an einem zukunftsweisenden Projekt der NASA mitarbeiten. Dumm nur, dass ihr Kollege Dr. Levi Ward ist – seit der College-Zeit ihr auserkorener akademischer Erzfeind, der ihr schonmal eine große Chance verbaut hat. Also stellt sich Bee die Frage, die sie sich immer stellt, wenn sie nicht weiter weiß: »Was würde Marie Curie tun?« Wie befürchtet läuft die Zusammenarbeit mit Levi im Projekt alles andere als rund, gut, dass sie ihren Chat-Freund Smack hat, dem sie ihr Leid klagen kann. Als wären die beruflichen Startschwierigkeiten nicht schon genug, funkt plötzlich auch noch dieser kleine irrationale Störfaktor Liebe dazwischen ... Ob das gut geht? 

Nachdem »Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe« letztes Jahr ein absolutes Überraschungsbuch und Lesehighlight für mich war, wusste ich: Ich komme auch um die nächsten Bücher von Ali Hazelwood nicht herum – und will es auch gar nicht. »Love on the Brain« war mein erstes Buch, das ich in 2023 gelesen habe und ich kann sagen: Es war eine gute Entscheidung! Ich fand die Geschichte wieder wunderbar. Bee war mir von Anfang an sympathisch. Eine junge, ambitionierte, selbstbewusste Frau, die in einer männerdominierten Wissenschaftswelt erfolgreich versucht, sich durchzusetzen. Okay, man kann sich jetzt vielleicht drüber streiten, warum diese, den Männern auf der Arbeit in den Arsch tretende, starke Frau plötzlich derart unsicher wird, wenn's um private, romantische Gefühle geht, aber who am I to judge, sind ja irgendwie auch zwei Paar Schuhe. Die Einblicke in die MINT-Welt fand ich persönlich wieder klasse! Die Bevorzugung männlicher Wissenschaftler, Probleme der fehlenden Anerkennung, der sexuellen Belästigungen, usw. für die weiblichen Wissenschaftlerinnen, das unfaire System, das den Zugang zu höherer wissenschaftlicher Bildung regelt und definitivem Überholungsbedarf aufweist – alles Themen, die aktuell, interessant und vor allem relevant sind. Auch Levi war mir sympathisch – man weiß ja, worauf die Geschichte abzielt, sprich ich wusste, was sich hinter der eiskalten Fassade verbirgt und hab mich drauf gefreut, es zu sehen. Wie immer gibt's natürlich jede Menge Missverständnisse, Kommunikationsprobleme und eine gewisse Unfähigkeit, die wirklich wirklich wirklich offensichtlichen Dinge zu erkennen. Aber manchmal macht es ja auch Spaß, sich ein wenig aufzuregen. Im Vergleich zum Vorgänger war »Love on the Brain« definitiv mehr straight forward, heißer und vor allem expliziter. Ui, da ging's zur Sache. Ausführlichst. Ist Geschmacksache, ich fand's gut. Ich mag den flüssigen, ungezwungen und echt wirkenden Schreibstil der Autorin, auch in diesen Szenen. Und ich bin froh, dieses Buch auf Englisch gelesen zu haben, werde ich auch in Zukunft so beibehalten. Ich glaube das Lesen des Originaltextes hat für mich viel zum Feeling beigetragen, denn der Schreibstil gefiel mir hier noch besser als beim Vorgänger, den ich auf Deutsch gelesen hatte. Was es für mich nicht unbedingt gebraucht hätte, war die letzte Hürde vor dem Ende, die war mir ein wenig too much, zu aus der Luft gegriffen, passte einfach irgendwie nicht so ganz zum Rest. Abgesehen von diesem kleinen Makel war's eine unterhaltsame, unterhaltende, schöne Geschichte, die mich definitiv in ihren Bann gezogen hat! Das nächste Buch ist schon vorbestellt. 




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Daten zum Buch
Titel: Love on the Brain
Autor*in: Ali Hazelwood
Sprache: Englisch
Verlag: Penguin
Taschenbuch | 368 Seiten | ISBN: 978-0-593-33684-7

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