Rezension zu »Pi mal Daumen« von Alina Bronsky

Was haben ein 16-jähriger hochbegabter adeliger Teenager aus reichem Hause und eine dreifache 53-jährige Großmutter mit mehreren Nebenjobs gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Auf den zweiten Blick teilen Oscar und Moni jedoch eins: die Liebe zur Mathematik. So begegnen sich diese beiden in jeder Hinsicht grundverschiedenen Menschen, die sich – würde man nur eine Variable in der Gleichung ändern – nie getroffen hätten, also in einem Hörsaal ihres Mathematik-Studiums. Oscar ist ein besonderer Junge: ambitioniert, gefangen in einer Routine, die er zum Funktionieren braucht, von sich selbst überzeugt und er ist es gewohnt, der Beste und Klügste im Raum zu sein – in jedem Raum. Dieselben Erwartungen stellt er auch an seinen Studienbeginn: Andere Studierende hält er für dumm und seiner Zeit unwürdig, soziale Kontakte sieht sein Lebensplan sowieso nicht vor. Sein großes Ziel: Eine Beziehung mit Daniel Johannsen aufbauen, dem berühmtesten Mathematiker Deutschlands und Oscars großem Vorbild. Und dennoch schafft es die resolute, beharrliche und lebensfrohe Moni mit ihrem knalligen roten Lippenstift, ihren hohen Schuhen und ihrem Lebenschaos, Oscars harte Schale aufzuweichen. Hauptsächlich aus Mitleid nimmt sich Oscar Moni an – ohne zu bemerken, dass eigentlich sie es ist, die ihm den nötigen Halt bietet, denn die Universität ist ganz anders als Oscars Erwartungen und die Anforderungen höher als gedacht. Moni macht sich nichts daraus, schließlich ist sie es gewohnt, unterschätzt und belächelt zu werden. Doch bald müssen sowohl Oscar als auch der Rest der Universität feststellen, dass Monis Verstand größer ist als ihre augenscheinlichen Wissenslücken. Denn der Mathematik ist es egal, wer man ist oder woher man kommt. Bald verbindet Moni und Oscar eine Freundschaft, die beide verändern wird und ihren ganz eigenen Gesetzen folgt.

Was habe ich »Pi mal Daumen« gern gelesen! Es war leicht, es war launig, es war schräg, es war schön und es hat einfach nur Spaß gemacht. Oscar und Moni – zwei Variablen, deren Gleichung so gar nicht aufzugehen scheint, aber doch eine ganz wunderbare Formel ergeben. Dieser Roman lebt von schrulligen, eigensinnigen Charakteren, die unabhängig vom Alter auf der Suche nach ihrem Platz im Leben sind. Die Träume haben und Ängste und eine derart leidenschaftliche Liebe zur Mathematik, dass sogar mein durch die Schulzeit tief vom Matheunterricht traumatisiertes Ich mitgerissen wurde. Dabei ist dieses Buch auf keiner Ebene oberflächlich, die dahinterliegenden Probleme und Ängste in Oscars und Monis Leben sind real, aber auf so herzliche Art erzählt, dass man sich beim Lesen einfach gut aufgehoben fühlt. Sowohl Oscars Perspektive und Eigenheiten als Mensch im Spektrum als auch Monis Chaos habe ich ins Herz geschlossen und die beiden auf den Stolpersteinen des Lebens und der Mathematik mit großer Freude begleitet. Es geht um Freundschaft, aber auch um Zusammenhalt und um Gemeinschaft, um gemeinsame Ziele und darum, zu lernen, aufeinander zu- und einzugehen. Auf sich verändernde Standpunkte und darum, dass es nie zu früh oder zu spät ist, mutig zu sein und danach zu streben, Lebensträume zu verwirklichen. Für mich ist »Pi mal Daumen« ein wunderbares Buch zum Zurücklehnen und Entspannen und ein absolutes Gute-Laune-Buch: spritzig, unterhaltsam, liebenswert und humorvoll.




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Daten zum Buch
Titel: Pi mal Daumen
Autor*in: Alina Bronsky
Sprache: Deutsch
Verlag: Kiepenheuer und Witsch
Hardcover | 272 Seiten | ISBN: 978-3-462-00425-0

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