Rezension zu »Klarkommen« von Ilona Hartmann

»Ich wollte wirklich gerne meine Jugend verschwenden, aber doch nicht so.«

Was passiert, wenn das Leben, auf das man so lange gewartet hat, endlich anfängt? Lebt man plötzlich seinen wahrgewordenen Traum oder landet man doch schneller, als lieb ist, auf dem Boden der Tatsachen? Genau diesem Abenteuer stellen sich die drei Freund*innen Mounia, Leon und die Erzählstimme, die sich in der Schulzeit nichts sehnlicher gewünscht haben, als nach dem Abitur endlich der dörflichen Enge zu entfliehen und einzutauchen ins spannende Großstadtleben voller Möglichkeiten. Jetzt leben sie genau das: Dem Spießertum den Rücken gekehrt leben sie gemeinsam in einer mehr als renovierungswürdigen WG und versuchen, sich im neuen Alltag aus Studium, Nebenjob und finanziellen Sorgen einzufinden. Doch die Enttäuschung stellt sich bald schon ein, denn dieses erhoffte grandiose, grenzenlose überbordende Leben aus Sex, Drogen, Alkohol, Partys und Erlebnissen lässt auf sich warten. Ganz anders, als es ihnen all die Songs, Serien und Filmen seit Jahren vorgegaukelt hatten. Und cool sind sowieso immer nur die anderen. Jede*r der drei geht dabei auf ganz eigene Art und Weise mit Sorgen und Problemen des Älter- und Erwachsenwerdens um. 

»Die Leerstellen zwischen dem, was wir wollten, und dem, was wir bekamen, füllten wir mit einer höflichen Scham dem Leben gegenüber, wie bei einem Geschenk, das uns eigentlich gefallen müsste, es aber nicht tat.«

»Klarkommen« ist #fomo vom feinsten. Es beschreibt dieses Gefühl zwischen Jugend und Erwachsensein, zwischen der unbändigen Lust auf neue Abenteuer und der gleichzeitigen furchtbaren Angst davor. Es ist die Angst vor zu wenig und die Angst vor zu viel. Fragmentarisch, skizzenhaft und sprunghaft, mal in Erzählsplittern und mal in Kurzgeschichtsform erzählt die Erzählstimme ihre eigene Geschichte und – immer aus einem subjektiven Blickpunkt heraus – die Geschichte ihrer beiden Freund*innen. Es geht ums Älterwerden und ums Kindbleiben, um Überforderung und den Drang, etwas zu beweisen. Um Lebensentscheidungen, große und kleine. Und es geht um Freundschaft. Darum, was passiert, wenn sich Menschen auseinanderentwickeln und zueinander finden. Darum, dass nicht jede Freundschaft, geschlossen in der Enge der Kleinstadt, gemacht ist, um in der Welt bestehen zu bleiben. Ums Loslassen und Anfangen, um Zukunftsängste und dieses drängende Gefühl von Neid, wenn man nur zuschaut bei dem Leben eines anderen, das man selbst gern führen würde und doch nicht weiß wie. »Klarkommen« ist ein eigenwilliger, junger und moderner Coming-of-Age-Roman und eigentlich genau das, wofür mein Leseherz schlägt. Und doch hat es mich leider nicht ganz abgeholt, mir fehlte ein Tiefgang, ein hinter dem Vorhang. Ich hatte Spaß beim Lesen und hab auch das ein oder andere von mir selbst mit Anfang 20 in den Figuren wiedergefunden, ich fürchte nur, es wird mir nicht lange in Erinnerung bleiben.

»Uns war zu jedem Zeitpunkt schmerzlich klar, dass wir nicht wild genug, nicht jung genug, nicht wütend genug, nicht intensiv genug, nicht verschwenderisch genug unsere Zeit verschwendeten.«




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Daten zum Buch
Titel: Klarkommen
Autor*in: Ilona Hartmann
Sprache: Deutsch
Verlag: Park x Ullstein
Hardcover | 192 Seiten | ISBN: 978-3-98816-004-1

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