Rezension zu »Vermächtnis einer Fremden« von Alexander Köhl

Nach einem unschönen Vorfall musste Tom Berger den Polizeidienst unfreiwillig verlassen. Ein Umstand, der ihm noch immer keine Ruhe lässt, obwohl er an seinem neuen Job als Biograf für Privatpersonen großen Gefallen findet. An einem Tag, der ganz normal hätte sein können, erhält der Berliner einen ominösen Brief, darin enthalten: die Kopie eines Testaments, das ihn zum Alleinerben der Industriellenwitwe Flora Meininger erklärt. Das Seltsame daran: Tom hat noch nie von dieser Frau gehört. In seiner Neugierde und seinem schlummernden Ermittlereifer geweckt, vermutet Tom zu aller erst eine Betrugsmasche und geht der geheimnisvollen Erbschaft auf den Grund. Je tiefer er sucht, desto mehr findet er und desto mehr tauchen Fragen auf. Denn Flora Meininger schien nicht nur unter Mordverdacht zu stehen, sondern hat anscheinend die letzten Jahrzehnte ihres Lebens unter falscher Identität in Berlin gelebt. Die Suche nach der Wahrheit über Flora Meininger führt den Ex-Polizisten tiefer und tiefer in die deutsche Vergangenheit und entwickelt sich langsam aber sicher zu einer Suche nach der eigenen Wahrheit.

Mal kein Regionalkrimi, sondern einfach nur ein Krimi dachte ich mir. Warum nicht? Und »Vermächtnis einer Fremden« hat mir ausgesprochen gut gefallen! Dies ist wieder so ein Krimi, bei dem es mir sehr schwer fällt, genug Leseeindruck zu vermitteln und gleichzeitig spoilerfrei zu bleiben, denn »Vermächtnis einer Fremden« lebt vom Zusammenstückeln von Wahrheiten und Lügen, eine spannungsgeladene Handlung tritt auf gekonnte Weise zurück hinter psychologisches Innenleben. Wir verfolgen das Geschehen aus drei Perspektiven – Tom, Flora und dem rätselhaften Manfred Lehmann, der in Tom eine Bedrohung für das Leben sieht, das er sich aufgebaut hat –, rätseln, erfahren die Hintergründe nach und nach, reisen an verschiedene Orte und tauchen ein in die Vergangenheit der handelnden Figuren, in die Vergangenheit Deutschlands. Ich habe Tom Berger als sympathischen Hauptcharakter empfunden, dessen Reise ich gerne und mit Spannung verfolgt habe. Besonders nahe ging mir Floras Perspektive, die im Koma die wichtigen Stationen ihres Lebens noch einmal erlebt. Die Auflösung, das große Ganze, habe ich so nicht erwartet. Ich habe dazu gelernt, mehr erfahren über einen Teil der deutschen Geschichte, der nicht hätte passieren dürfen und die Auswirkungen beobachten können, die Leid und Angst noch Jahrzehnte später in den Beteiligten auslösen kann. Ich habe mich mittreiben lassen mit Toms Ermittlungen, habe den angenehmen Schreibstil genossen und wurde positiv überrascht von einem Buch, das nicht nur Krimi ist, sondern auch ein Abbild einer Zeitgeschichte, interessant und stimmig verpackt in einer spannenden Geschichte.




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Daten zum Buch
Titel: Vermächtnis einer Fremden
Autor*in: Alexander Köhl
Sprache: Deutsch
Verlag: Grafit
Taschenbuch | 384 Seiten | ISBN: 978-3-98659-016-1

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