Rezension zu »Die Einladung« von Emma Cline

»Dinge, die sie berührte, schienen immer öfter dem Untergang geweiht.«

Die 22-jährige Alex hat die Hitze und die Probleme New Yorks für den Sommer hinter sich gelassen und verbringt einen augenscheinlich friedlichen Sommer in den Hamptons. Das schmerzmittelsüchtige Escort Girl hat es sich im Sommerhaus des deutlich älteren Simon bequem gemacht, verbringt die Tage am Meer und im Pool, lässt sich von Simon mit schönen Dingen beschenken und revanchiert sich mit sexuellen Gefälligkeiten. Der wohlhabende Simon könnte die Lösung all ihrer Probleme sein, Alex träumt bereits von einer möglichen Hochzeit. Doch wie der Sommer endet alles irgendwann: Nach einem Fehltritt auf einer Dinnerparty setzt Simon Alex kurzerhand vor die Tür. Mittellos wie sie ist, ist es keine Option in den Hamptons zu bleiben. Eine Rückkehr nach New York scheint jedoch keine Option zu sein, warten dort doch einige Personen auf Alex, die mit ihr noch eine Rechnung offen haben. So klammert sich Alex an den letzten Hoffnungsschimmer: Simons Party am Ende der Woche. Sie ist sich sicher, dass – wenn sie dort nur auftaucht – Simon sie zurück nimmt und all ihre Probleme für sie lösen wird. Eine Woche beginnt, in der Alex durch die Hamptons streift, auf der Suche nach Menschen, nach Zufallsbekanntschaften, um zumindest für eine Nacht einen Platz zum Schlafen und etwas zu essen zu finden. Eine Woche, in der Alex eine Spur der Zerstörung hinterlässt, Menschen wechselt und fallen lässt, dabei immer auf ihren eigenen Vorteil bedacht.

»Oder vielleicht hatte Alex in einem Winkel ihrer selbst gewusst, dass sie alles zerstörte, gewusst, wie schlimm die Dinge werden könnten, und vielleicht hatte sie es trotzdem getan.«

Ich habe vor dem Lesen bereits einige sehr begeisterte Rezensionen zu »Die Einladung« gelesen und war dementsprechend neugierig. Leider kann ich mich den positiven Meinungen nur bedingt anschließen. Denn so sogartig sich diese Geschichte auch lesen ließ, so wenig konnte sie mich gleichzeitig mitnehmen. Wir Lesenden beobachten eine junge, egoistische Frau, die versucht eine Woche zu durchstehen und dabei das tut, was sie scheinbar am besten kann: manipulieren und ihren Körper als Werkzeug einsetzen, um zu bekommen, was sie will. Auf ihrem Weg hinterlässt Alex eine Spur der Zerstörung, die sie gegen sich und andere gleichermaßen richtet. Alex projiziert alles auf Simon als Lösung all ihrer Probleme und gibt damit jedwede Verantwortung für ihr ausschweifend rücksichtsloses, problematisches und toxisches Verhalten ab, und vermeidet es dadurch, sich mit den Konsequenzen ihrer Handlungen auseinandersetzen zu müssen. »Die Einladung« enthält eine Menge Gesellschaftskritik an den Reichen und Schönen – Egoismus, Alkohol- und Drogenexzesse, das Ausnutzen von Menschen zu eigenen Zwecken dominieren die Handlungen der Mehrheit der Figuren Eine Welt, in die Alex eigentlich perfekt passen würde, würde man ihr nicht ansehen und anmerken, dass sie eben nicht dazu gehört. Als Protagonistin blieb Alex mir immer auf Distanz. Das ist an und für sich stimmig, denn Alex lässt niemanden an sich heran, zeigt nie ihr wahres Gesicht, spielt mit anderen. Doch gleichzeitig blieb sie dadurch für mich leider unerreichbar, ich konnte keinerlei Verbindung zu der Figur aufbauen, mir wurde richtig gehend egal, was mit ihr passiert. Das finde ich sehr schade, denn als Antiheldin hatte Alex jede Menge Potenzial. Auch die anderen Figuren blieben mir zu sehr an der Oberfläche, Unstimmigkeiten und Risse in der Fassade wurden angedeutet und blieben doch unausgesprochen. 

Ich habe beim Lesen immer darauf gewartet, dass etwas passiert. Dass es Klick macht. Bei Alex und bei mir als Leserin. Leider blieb dies aus und »Die Einladung« lässt mich mit einem etwas geknickten Gefühl zurück. 




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Daten zum Buch
Titel: Die Einladung
Autor*in: Emma Cline
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen übersetzt von Monika Baark
Verlag: Hanser
Hardcover | 320 Seiten | ISBN: 978-3-446-27757-1

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