Rezension zu »Es war einmal in Brooklyn« von Syd Atlas

Brooklyn im Jahr 1977, der Sommer ist lang und heiß, der Son of Sam treibt sein Unwesen und verunsichert die Bewohner*innen New Yorks. In diesem Sommer versuchen Juliette und David, beide siebzehn, das Leben zu meistern, das für beide nach diesem Sommer nicht mehr sein wird wie zuvor. Sie wohnen Tür an Tür und sind seit ihrer Kindheit beste Freund*innen. Und doch kämpfen beide mit ganz unterschiedlichen Problemen: Juliette will endlich erwachsen sein, weg von Zuhause, die Welt sehen, sich verlieben, ihr erstes Mal erleben. David hingegen ist tot krank und weiß nicht, wie viel Zeit ihm noch bleibt. Was er jedoch weiß, ist, dass er Juliette liebt. Als diese eines Abends von dem charmanten Pizzaboten Rico von einer Party nach Hause gebracht wird und von ihm sichtlich angetan ist, weiß David, dass er handeln muss. Jetzt. Was er hat schon noch groß zu verlieren? Als ein Blackout New York in Dunkelheit taucht, bricht das große Chaos aus. Im Großen und Kleinen, physisch und emotional, für Juliette und David. Als am Morgen die Helligkeit zurück kehrt, hat sich alles verändert.

Ich bin ein bisschen hin- und hergerissen was »Es war einmal in Brooklyn« angeht. Denn die Geschichte hat sich schön und leicht lesen lassen, trotz der doch eher drückenden Thematik von Davids Schicksal. Juliette und David sind zwei Figuren, die beide Fehler machen, zu viel fühlen, unvorsichtig und grob sind im Umgang mit den Gefühlen anderer, beide wollen zu viel und wissen zu wenig, handeln unüberlegt, naiv, sind berechnend, verletzen und sind verletzt. Kurzum: Sie sind siebzehn. Ich mochte, wie die Beziehung zwischen den beiden dargestellt wurde, in all ihrer Komplexität, Schönheit und Hässlichkeit. Die widersprüchlichen Gefühle und Wünsche, der Egoismus von Juliette, die sich bedrängt und zurückgehalten fühlt in ihrer jugendlichen Frische von Davids Krankheit und doch einfach nur das Leben spüren will. David hingegen, der versucht, Juliette so fest an sich zu binden wie nur möglich, am liebsten jeden Moment, jede Sekunde seiner viel zu kurzen Zukunft mit ihr verbringen möchte und nicht merkt, dass seine Nähe auch erdrücken kann. Dieses Hin und Her, Auf und Ab war echt, fühlbar. Auch das Spielen mit Inhalt und Gestaltung fand ich an den Stellen, an denen es zum Einsatz kam, erfrischend und faszinierend. Jedoch – und hier komme ich jetzt zum Aber der Geschichte – ist die Geschichte für mich zu oberflächlich geblieben. Es kamen keine Emotionen auf, dabei hätte »Es war einmal in Brooklyn« so viel Potenzial für Emotionen bereit gehalten. Das Ende kam mir zu schnell, Fragen, Gedanken, der sich im Ansatz befindende Aufbau von Gefühlen blieben unbeantwortet und offen. Ich denke, dem Buch hätten 100 Seiten mehr wirklich gut getan, um in die Tiefe zu gehen, um auserzählt werden zu können. So lässt es mich leider mit dem Gefühl zurück, nicht ganz das bekommen zu haben, das ich hätte bekommen können, in einem Dazwischen von Gefühlen und Gedanken. Es war ein kurzweiliges Lesen, aber mir würde auch nichts fühlen, hätte ich es nicht gelesen.




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Daten zum Buch
Titel: Es war einmal in Brooklyn
Autor*in: Syd Atlas
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen übersetzt von Silke Jellinghaus
Verlag: Kindler Verlag
Hardcover | 288 Seiten | ISBN: 978-3-463-00044-2

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