Rezension zu »Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen« von John Ironmonger

»Ich bin optimistisch, was die Fähigkeit der Menschheit angeht, Lösungen für diese Krise zu finden. Aber ich bin pessimistisch, was die Bereitschaft angeht, sie auch umzusetzen.«

Im kleinen Fischerdorf St. Piran, irgendwo im nirgendwo in Cornwall gelegen, passiert selten etwas. Doch wenn, ist es der Stoff für Legenden. So erzählt man sich, dass dort während einer weltweiten Pandemie einst ein Wal gestrandet war und das ganze Dorf half, diesen zu retten. Jetzt sitzt Tom Horsmith, ein Student der Geowissenschaften, der sich im übrigen noch gut an die Walrettung erinnert, die in seiner Kindheit stattfand, in einem Pub in eben diesem Dorf. Es ist Mitsommer. Es ist sein 20. Geburtstag. Das Leben liegt vor ihm und doch sorgt sich der Klimaaktivist um diese Zukunft, um den Planeten. Ein Mann betritt den Pub. Auch er hat heute Geburtstag, ist 40 Jahre alt geworden. Auch er stammt aus St. Piran. Monty Causley ist sein Name. Er ist Politiker und er verleugnet die Klimakrise. Sie kommen ins Gespräch, beide trinken mehr Ale, als gut für sie wäre. Tom konfrontiert Monty mit seiner Ignoranz, seinem Fehl- und Halbwissen. Im Eifer des Gefechts schließen die beiden eine Klimawette für die nächsten 50 Jahre ab, die ihrer beider Leben auf ungeahnte Art und Weise nachhaltig beeinflussen wird. Ebenso wie die Auswirkungen der Klimakrise. 

»So schnell und unangekündigt kommt die Liebe manchmal in unser Leben. Nicht immer tritt sie als Eindringling auf. Nicht immer liefert sie sich einen Kampf mit unserem Verstand und unseren Gefühlen. Nicht immer stellt sie unangemessene Forderungen an uns. Manchmal kommt die Liebe einfach und stellt sich neben uns, um sich einen Sonnenaufgang anzusehen.«

»Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen« ist ein Buch, wie ich noch keines bisher gelesen habe. Es umfasst eine Zeitspanne von 50 Jahren und zeichnet dabei ein Bild einer sich stetig wandelnden Welt und Gesellschaft. Dieser Roman ist ein fortwährender Dialog: zwischen Tom und Monty, zwischen dem Inhalt und den Lesenden. Ich habe gelernt, hinterfragt, gestaunt, getrauert, bin verzweifelt und wollte reinkriechen ins Buch und Monty zur Vernunft bringen, Tom zur Seite stehen. Meine tiefgreifenden Kenntnisse zum Thema Klimakatastrophe (und den Geowissenschaften im Besonderen) mögen begrenzt sein, doch hat dieser Roman auf mich einen außerordentlich wissenschaftlichen fundierten Eindruck hinterlassen. Toms Ausführungen darüber, wie sich das Klima verändert und welche Rolle der Mensch evolutionsgeschichtlich in diesem Gefüge spielt, waren trotz einer eventuellen »Trockenheit« der Fakten interessant, informativ und auf eine so mitreißende Art und Weise erzählt, dass ich mir am Ende mehr davon gewünscht habe. In diesem Buch steckt so viel: menschliche Arroganz, Überheblichkeit und Stolz auf der einen und menschliche Güte und Zusammenhalt auf der anderen Seite. Ja, diesen Buch nimmt kein Blatt vor den Mund: Tom erzählt, wie es um diese Erde und damit auch um die gesamte Menschheit steht. Er malt kein wohliges, hoffnungsvolles, sondern ein ernstes, bedrohliches Bild der Zukunft, die kommen wird, wenn wir nicht endlich endlich endlich anfangen die Dinge zu verändern. Auf eine wie ich finde sehr rücksichtsvolle Art kritisiert dieses Buch den Umgang mit der aktuell größten Bedrohung dieses Jahrtausends. Auf persönlicher, politischer und gesamtgesellschaftlicher Ebene. Er zeigt Handlungsoptionen auf, Alternativen, im Kleinen wie im Großen. Wir sollten zuhören. Wir sollten handeln. Denn trotz seiner Ernsthaftigkeit ist dieser Roman, ebenso wie im Fall von »Der Wal und das Ende der Welt«, ein Buch voller Hoffnung und Glauben daran, dass die Menschheit dazu in der Lage ist, zusammen zu helfen und das Richtige zu tun. Bevor es zu spät ist. 

»Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen« ist ein Buch, das mir in Erinnerung bleiben und das ich definitiv nur allen ans Herz legen kann!

»Wir machen weiter. Wir alle. Wie das Meer atmen wir weiter. Auf. Ab.«




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Daten zum Buch
Titel: Der Eisbär und die Hoffnung auf morgen
Autor*in: John Ironmonger
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen übersetzt von Tobias Schnettler
Verlag: S. Fischer
Hardcover | 416 Seiten | ISBN: 978-3-10-397503-1

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