Rezension zu »Minestrone um Mitternacht« von Simone Hausladen

 »Jeder Mensch trägt einen Zauber im Gesicht, irgendeinem gefällt er.«

Clara Maler ist 32 Jahre alt und arbeitet in ihrem Traumberuf: Sie ist Köchin in der Cucina, einem kleinen, aber angesehenen italienischen Restaurant in München. Zuhause wartet ihr liebevoller und verständnisvoller Partner auf sie. Obwohl alles gut sein könnte, ist es das nicht. Denn Clara ist frustriert, unzufrieden und gelangweilt vom Alltagstrott. Sie träumt von etwas Größerem für ihr Leben. Träumt von Aufregung und Abenteuern. Einziger Lichtblick: Der geheimnisvolle und gutaussehende Fremde, der seit ein paar Monaten jeden Donnerstagabend Gast in der Cucina isst. Sehnsüchtig erwartet sie die Donnerstage, verliert sich in heißen Tagträumen und Fantasien. Durch einen unverhofften und gefährlichen Zwischenfall werden ihre Träume schneller Realität als Clara lieb ist: Der mysteriöse Fremde entpuppt sich als Viktor, charmanter Kunstfälscher und -dieb. Eine folgenreiche Begegnung für Clara, die sich Hals über Kopf in das erste Abenteuer stürzt, das sich ihr bietet: Statt den Kochlöffel zu schwingen, findet sie sich inmitten des kriminellen Kunstmilieus wider, bewegt Hehlerware, raubt mit Viktor Villen aus und wird Teil seines großen Coups. Auch körperlich und emotional lässt sich Clara auf den unnahbaren Viktor ein, der doch kein Geheimnis aus seiner emotionalen Distanz macht. Doch nicht nur die fehlende emotionale Bindung Viktors setzt Clara mit der Zeit immer mehr zu: Ein Kunstexperte von Interpol ist Viktor (und damit auch Clara) dicht auf den Fersen und zwingt Clara dadurch zu einer schwerwiegenden Entscheidung. 

Den Inhalt von »Minestrone um Mitternacht« zu beschreiben war einfach, kommen wir also zum schwierigen Teil: Wie fand ich den Krimi? Diese Frage stelle ich mir, seit ich ihn vor ein paar Tagen beendet habe. Ich bin mir nicht mal sicher, ob das für mich überhaupt ein Krimi war, so wie ich Krimis definiere und wahrnehme. Ich glaube, für mich war es eher eine Selbstfindungsgeschichte mit kriminalistischen wie toxischen Zügen. Was an sich ja nichts Schlechtes ist, ich mag Varianz und Vielfalt in den Genres. Mein Problem mit »Minestrone um Mitternacht« lag woanders. Und euch das auf eine Art und Weise zu beschreiben, die zwar verständlich, aber kein einziger riesiger Spoiler ist, tja, damit kämpfe ich gerade. Zu Beginn war mir Clara sehr sympathisch: Die Unzufriedenheit mit dem Alltag, das Gelangweiltsein von Job und Partner, der Wunsch nach dem Kick im Leben, die gedankliche Alltagsflucht zu dem fremden Restaurantgast, ihre Liebe zum Kochen, all das waren äußerst menschliche, nachvollziehbare, authentische Gefühle und Gedankenwelten. Aber dann wurde es irgendwie, leider recht schnell recht unrealistisch: Sie trifft auf Viktor, der sie halb zwingt, halb bittet, ihr künftig bei seinen krummen Dingern zu helfen (und doch auch gleich für sie zu kochen). Clara sagt quasi sofort ja. Wirft jegliche Moralvorstellung, jede Bedenken sofort über Bord, wendet sich ohne weiteren Gedanken ab von Familie, Freund*innen, Job, lässt sie allesamt fallen. Ab da an störte mich ihr Charakter, sie verhält sich oft naiv und egoistisch, sprunghaft, widersprüchlich und ist stark beeinflussbar. Daraus ergibt sich auch, dass ich mit dem Ende nicht zufrieden war, es war mir zu klassisch Love Story, zu einfach und kitschig, ich hätte mir einen emanzipatorischeren, Ausgang gewünscht, in dem sich Clara doch noch zu einer starken weiblichen Figur entwickelt, die ich akzeptieren kann.

Ich möchte nicht, dass das alles negativ klingt, denn ist schließlich nur meine subjektive Meinung. Was mir nicht gefällt, lieben andere und andersrum. Das ist das schöne an Geschichten und Geschmäckern. Im Fall von »Minestrone um Mitternacht« liegt es glaube ich an mir und an dem, was ich lesen möchte: Ich hätte mir mehr Charaktertiefe, Nachvollziehbarkeit und weniger Klischee gewünscht. Und eine ordentliche Prise Spannung hätte dem Buch sicher auch geholfen. Abgesehen davon habe ich den Krimi als ein gutes Buch für Zwischendurch empfunden, das sich flüssig und angenehm lesen lies. Es hat einfach nicht so ganz meinen Geschmack getroffen. Wobei mir das ein oder andere Gericht, das Clara im Buch gekocht hat, Hunger gemacht hat und ich auch noch einen vertieften Blick auf die abgedruckten Rezepte werfen werde, denn das ein oder andere lässt sich mit Sicherheit hervorragend als veganes Gericht abwandeln. 




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Daten zum Buch
Titel: Minestrone um Mitternacht
Autor*in: Simone Hausladen
Sprache: Deutsch
Verlag: Emons
Taschenbuch | 224 Seiten | ISBN: 978-3-7408-1735-0

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