Rezension zu »Der Blumenkavalier – Sehnsucht im Palais« von Michaela Baumgarnter

»Rosen waren widerspenstig und wehrhaft. Das gefiel ihr. Nirgendwo sonst in der Welt der Blumen lagen Schönheit und Schmerz so nahe beisammen. Rosen berührten ihre Seele. Denn Fanny hatte in ihrem jungen Leben bereits die Erfahrung gemacht, dass auf Glück unverhofft größter Kummer folgen, aber auch Leid unerwartete Freude hervorbringen  konnte.«

Nachdem sie fast ein Jahr bei ihrer Schwester und deren Ehemann in England verbracht hat, kehrt die junge Fanny, die wilde, lebensbejahende Tochter des Grafen Wohlleben, nach Wien zurück. Fanny freut sich darauf, wieder bei ihren Eltern zu sein und besonders auf das Wiedersehen mit dem Textilfabrikanten Paul Faber, ihrer großen Liebe. Zu Fannys großer Enttäuschung wird jedoch nichts aus dem erhofften Wiedersehen, denn Paul ist seit Monaten verschwunden, aufgebrochen zu einer mysteriösen Reise und niemand, nicht einmal seine Mutter, weiß, wann er wieder kommt. Doch Fanny ist kein Kind von Traurigkeit: Ihre Energie steckt sie stattdessen in ihre geliebten Pferde, in die Einrichtung ihres neuen Gartenpalais und, als große Blumenliebhaberin, in die Gestaltung ihres Gartens. Als sie bei einem Pferderennen auf den gut aussehenden, charismatischen und charmanten ungarischen Magnaten Gyula Graf Erdélyi trifft, spüren beide eine sofortige Anziehungskraft. Sie wird angezogen von seinem Charm, er wiederum wird angezogen von ihrer kindlichen Begeisterungsfreude und ihrer Lebenslust. Beide verbindet die bedingungslose Liebe zu den Pferden. Je mehr Zeit Fanny mit Graf Erdélyi verbringt und je länger Paul verschwunden bleibt, desto mehr fängt sie an, in ihren Gefühlen zu den beiden Männern zu schwanken. Wie wird sich ihr Herz entscheiden? 

Obwohl die Geschichte um Fanny die Hauptstoryline in »Der Blumenkavalier« ist, passiert auch außerhalb von Fannys Leben so einiges: Fannys Eltern sorgen sich um Fanny und deren frisch vermählte, hochschwangere Schwester Sophie, die zur Geburt ihres ersten Kindes nach Wien zurück gekehrt ist. Sophie wiederum beschäftigt die Rückkehr nach England, denn trotz ihrer Liebe zu ihrem Mann Edward, ist die Stimmung im Schloss gedämpft. Auch die frisch zur Komtesse ernannte Emilia, gemeinsame Freundin von Fanny und Sophie, muss eine Entscheidung treffen: Wird sie den Unmut des Wiener Adels auf sich ziehen und auch nach ihrer Erhebung in den Adelsstand weiter als Designerin von Kleidern arbeiten oder sich den Vorstellungen anderer fügen? Wird sie den Heiratsantrag von Baron Artstetten annehmen? Oder hofft sie doch noch auf eine Zukunft mit dem Lebemann und Frauenhelden Georg, Bruder von Fanny und Sophie? Und was hält eigentlich Pauls Mutter von Fanny? Ist ihr eine Adelige als zukünftige Schwiegertochter recht oder verfolgt sie eigene Pläne, während sie auf Pauls Rückkehr hofft? Ihr seht: Es ist so einiges los im Wien des 19. Jahrhunderts.

»Der Blumenkavalier« ist der dritte Band der Reihe um Fanny und Sophie Wohlleben und der erste, den ich gelesen habe. Am Anfang habe ich mich etwas schwer getan bei all den Personen, deren Leben ich ausschnittsweise begleitet habe. Prinzipiell kann ich wirklich sagen, dass man die ersten beiden Teile nicht braucht, um diesen dritten Teil verstehen, lesen und genießen zu können (aber schaden kann es trotzdem nicht). Nur bei den ersten 50 Seiten hätte mir ein wenig personenbezogenes Vorwissen (oder ein Personenverzeichnis der fiktiven Figuren) mit Sicherheit weiter geholfen. Aber der Schreibstil war flüssig, die Sprach- und Wortwahl passend zur Zeit, in der die Geschichte spielt und Fanny einfach vom Fleck weg sympathisch. Also habe ich mich nicht entmutigen lassen, musste nur vielleicht das ein oder andere Mal zurück blättern, um die Personen zuordnen zu können. Aber dann nach den ersten 50 Seiten – ganz unbemerkt – war ich plötzlich drin in der Geschichte. Konnte mich einfach treiben lassen und ein bisschen die Zeit vergessen während ich eingetaucht bin ins Wien des 19. Jahrhunderts. Wie immer bei historischen Romanen liebe ich den Kontrast aus Damals und Heute: Gleichzeitig so verschieden und doch so viele Parallelen. Die Hauptthemen des Buchs – Blumen, Mode, Pferde, Liebe, Leben, Lust – fand ich wirklich ansprechend umgesetzt.  Gut gefallen haben mir auch die vielen miteinander verknoteten Leben, die Beziehungen zwischen all den Figuren: Es war realistisch und abwechslungsreich, auch durch die Kombination aus den fiktiven Figuren und der Erwähnung und Einflechtung realer Personen aus der österreichischen Zeitgeschichte. Natürlich muss ich auch die Rückblenden zu den ersten beiden Teilen erwähnen, wenn wir uns hier schon in einer Reihe befinden: Für mich waren sie genau im richtigen Maße vorhanden – informativ genug, um die jetzigen Anspielungen, Verstrickungen und Probleme zu verstehen und gleichzeitig anspielend genug, um mir Lust zu machen, Teil 1 und 2 doch noch in die Hand zu nehmen. Lediglich bei einer bestimmten Rückblende zu Fannys Vergangenheit hätte ich mir ein bisschen mehr Informationen gewünscht, da hier ein Thema aufgeworfen wurde, das schnell in eine problematische Richtung abrutschen kann und ich mir nicht ganz sicher war, was ich davon halten soll. 

Aber ansonsten und im Großen Ganzen: Ich hatte wirklich keine Ahnung, was mich erwartet, als ich angefangen diesen Roman zu lesen und habe ihn mit einem wirklich guten Gefühl weggelegt. Unterhaltsam, leicht, schön. Von allem genug, aber nicht zu viel. Sexy, aber nicht plakativ. Träumerisch, aber nicht kitschig. Wirklich gut!




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Daten zum Buch
Titel: Der Blumenkavalier – Sehnsucht im Palais
Autor*in: Michaela Baumgartner
Sprache: Deutsch
Verlag: Gmeiner
Hardcover | 315 Seiten | ISBN:978-3-8392-0334-7

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