Rezension zu »Splitter« von Sebastian Fitzek

»Kann es richtig sein, das Falsche zu tun?«

Seit sechs Wochen ist das Leben des Sozialarbeiters Marc Lucas aus den Fugen geraten: Bei einem Autounfall hat er seine Frau, seine große Liebe, verloren. Er selbst kam heil davon, lediglich ein Splitter in seinem Nacken zeugt von seinem körperlichen Schaden. Seine Seele wiederum ist gebrochen. Und in einem besonders schwachen Moment greift Marc zu, als sich ihm eine Möglichkeit aus seinem Schmerz bietet: Er bewirbt sich für ein psychiatrisches Experiment, dessen Ziel es sein soll, den Schmerz, ja, alles Leid zu vergessen. Der Plan klingt einfach und doch unmöglich: Alle negativen Erinnerungen sollen ausgelöscht werden aus dem Gedächtnis. Doch bereits kurz nach Beginn des Experiments beginnen die Dinge, aus dem Ruder zu laufen: Marcs Arbeitskolleg*innen scheinen ihn nicht wiederzuerkennen, sein Haustürschlüssel passt nicht mehr, ein falscher Name steht auf dem Klingelschild und als sich die Türe von innen öffnet, droht Marc, den Verstand zu verlieren. Eine wilde Jagd beginnt, auf der Flucht vor und auf der Suche nach sich selbst. Wer ist Marc, was ist mit ihm passiert und was, wenn etwas schief gelaufen ist beim Experiment?

Ich habe »Splitter« in der Hoffnung gelesen, endlich mal wieder einen richtig guten Psychothriller vor mir zu haben, nachdem mich meine Abstecher zu anderen Autor*innen in den letzten Wochen doch recht enttäuscht haben. Aus meiner Perspektive heraus ist auf Sebastian Fitzek einfach Verlass! »Splitter« war anders als die Thriller, die ich bisher von ihm gelesen habe. Abstruser, verwirrender, verworrener. Lange habe ich nicht verstanden, was eigentlich passiert, worum es gehen soll. Ob ich hier in einer Science Fiction-Welt gelandet bin und wenn nicht, wie sich die mir unerklärlichen Ereignisse irgendwie erklären lassen könnten. Und ich hatte auch den ein oder anderen Moment, an dem mir die Handlung fast schon zu viel war, ich den Überblick verloren habe, nicht wusste, ob alles noch Sinn ergibt. ABER. Ich war gefesselt, ich war drin in der Geschichte, ich konnte das Buch auf den letzten paar Seiten nicht mehr zur Seite legen. Ich wurde unterhalten und überrascht. Nicht mehr und nicht weniger verlange ich von einem guten Psychothriller. Ja, die Storyline war mir teilweise etwas unübersichtlich – ich glaube dieses Buch würde sich genial zu einer Verfilmung eignen – aber das ist mir tausendmal lieber als zu wissen, wie die Geschichte endet. Auch wenn dieses Buch für mich ein Ende hatte, das mir doch etwas übertrieben und seltsam vorkam: Der Weg dorthin war spannend, unterhaltsam und mal eine neue Erfahrung. Denn hinter all der Verwirrung und dem Irrsinn stellt »Splitter« die wichtige Frage danach, was es für die Menschheit, für das Leben jeder*jedes einzelnen von uns bedeuten würde, könnte man die schlimmsten Ereignisse unseres Lebens für immer aus dem Gedächtnis löschen. Wären wir dann noch wir oder sind es nicht gerade unsere Erinnerungen – die guten wie die – , die uns zu den Menschen machen, die wir sind? Welchen Preis sind wir bereit für unseren Seelenfrieden zu zahlen? Und: 

»Heiligt der Zweck am Ende doch die Mittel?«




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Daten zum Buch
Titel: Splitter
Autor*in: Sebastian Fitzek
Sprache: Deutsch
Verlag: Droemer Knaur
Taschenbuch | 384 Seiten | ISBN: 978-3-426-50372-0 

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