Rezension zu »Beleidigung dritten Grades« von Rayk Wieland

Berlin, 2012. Der bekannte Psychiater und Schlafcoach Oskar B. Markov betritt die Polizeiwache am Alexanderplatz und erstattet Anzeige gegen den Antiquar Alexander Schill. Der Grund: Der Antiquar hat ihn via Depesche zum Duell gefordert, Markov solle so freundlich sein, sich von ihm erschießen zu lassen. Verwunderung seitens der Polizei, denn seit 100 Jahren gab es kein Duell mehr in Deutschland, die Praktik längst verboten. Und zählt eine Aufforderung in Briefform als Tatbestand? 

So beginnt diese skurrile, unterhaltsame, interessante Geschichte zweier Zeiten. In der Gegenwart beobachten wir die Geschehnisse rund um Markov, Schill und die ermittelnden Polizist*innen. Schill, der nach Jahren obsessiven Suchens und Studierens von allem, das mit Duellen zu tun hat, langsam aber sich den Bezug zur Realität verloren hat und ein Duell mit Markov, dem jetzigen Partner seiner früheren Freundin, als einzige Möglichkeit der Ehrwiderherstellung ansieht – schließlich handelt es sich bei der Verführung einer Frauensperson um eine Beleidigung dritten Grades, die schlimmste Form einer Beleidigung. Markov wiederum zweifelt an allen: An Schills Zurechnungsfähigkeit sowie an der Polizei, die ihn und seine Misere einfach nicht für ernst nimmt. Denn – zugegeben, warum sollte er auch? – sieht Markov es schlichtweg nicht ein, sich freiwillig erschießen zu lassen. Aber was, wenn dies am Ende unvermeidbar ist? Und schließlich die Polizei, die ermittelt, ohne genau zu wissen, worin eigentlich. Die Spuren verfolgt, die keine sind und die Relevanten für nichtig hält – schwierig, wenn man nicht weiß, wonach man sucht. Gleichzeitig tauchen wir Lesenden immer wieder ab nach Hohenlychen 1937, dem Austragungsort des letzten Duells der deutschen Geschichte, ausgetragen von zwei NS-Männern. Auch hier die Verführung eines Frauensperson der ausschlaggebende Grund. Wer war alles anwesend als das Duell stattfand? Wie ging es aus? Was wurde aus den Anwesenden im Laufe des Nazi-Regimes und des 2. Weltkriegs? Warum war genau dieses Duell das letzte Deutschlands? Und wo ist die Verbindung zu Hitler? 

Rayk Wieland hat mit Beleidigung dritten Grades einen unterhaltsamen, literarischen Roman geschaffen, der beides ist: amüsante Unterhaltung und erschütternde Vergangenheit. Lest dieses Buch, es lohnt sich!




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Daten zum Buch
Titel: Beleidigung dritten Grades
Autor*in: Rayk Wieland
Sprache: Deutsch
Verlag: Kunstmann
Hardcover | 320 Seiten | ISBN: 978-3-95614-481-3

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