Rezension zu »Die versteckte Apotheke« von Sarah Penner

London, 1791: Die 41-jährige Nella Clavinger hat die Apotheke ihrer Mutter übernommen. Früher diente die Apotheke als Anlaufstelle für Frauen mit ihren medizinischen und seelischen Leiden, ein sicherer Hafen in einer unsicheren Welt. Doch nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter und einem folgenschweren Verrat, hat sich Nellas Leben und somit auch das der Apotheke drastisch verändert: Der Vorraum der inzwischen leerstehenden und vernachlässigten, ehemalige Apothekenraum dient als Tarnung, im Hinterzimmer bekommen die Frauen, die von der Existenz der Apotheke wissen, weiterhin ihre Medizin, darüber hinaus aber auch Gift, um Frauen aus so mancher ausweglosen Situation zu helfen. Und so wurde mit der Zeit aus der harmlosen Apothekerin Nella eine Giftmörderin. Als die 12-jährige Eliza Fanning den Laden betritt, um auf Geheiß ihrer Herrin Mrs. Amwell das tödliche Gift für den Hausherrn zu ordern, hat Nella ein ungutes Gefühl. Doch sie hört nicht auf ihr Gefühl und hilft Eliza, die mit 10 Jahren von ihrer Mutter zum Arbeiten nach London geschickt wurde, um dem Landleben zu entkommen. Eliza interessiert sich sehr für Nellas Künste und als sie nach dem Tod von Mr. Amwell das Gefühl hat, von dessen Geist verfolgt zu werden, sucht sie Zuflucht bei Nella und hilft ihr in der Apotheke, in der Hoffnung auf einen Zauber für ihr eigenes Problem. Doch dann läuft alles aus dem Runder und plötzlich muss Nella sich selbst vor dem Gefängnis retten.

Das London der Gegenwart: Caroline Parcewell ist 34, und verbringt 10 Tage anlässlich ihres 10. Hochzeitstages in London. Doch ohne ihren Ehemann James, von dessen Ehebruch sie erst kurz vor der Abreise erfahren hat. Kurzerhand reist sie allein nach London, will den Kopf frei bekommen, ihr Leben ordnen. Denn unglücklich ist sie schon lange, nicht erst seit der Affäre ihres Mannes. Sehnsüchtig wünscht sie sich ein Kind, doch James will erst beruflichen Erfolg. Währenddessen ist sie selbst unzufrieden mit ihrer Arbeit: Früher studierte Caroline Geschichte und liebte englische Klassiker. Während sie noch über ein weiterführendes Studium nachdachte, um ihrer Liebe zu Büchern nachzugehen, hielt James um ihre Hand an. Sie heirateten, zogen in ein Haus und sie fing an, ihm elterlichen Betrieb zu arbeiten. Langsam aber sicher ignorierte sie ihre Bücher zunehmend, bis sie diese komplett vergas. Doch jetzt kommen all diese Gedanken, die falschen Entscheidungen wieder in Caroline hoch. Zum Nachdenken macht sie einen Spaziergang an der Themse und findet im Wasser eine alte, blaue Apothekerphiole mit einem eingebrannten Bären. Aus Gründen, die sie selbst nicht versteht, lässt sie die Phiole nicht mehr los und Caroline macht sich auf die Suche nach der Geschichte dahinter.

Und so beginnt eine Geschichte über zwei Frauen und ein Mädchen. Jahrhunderte getrennt von einander und doch verbunden durch eine blaue Phiole. Eigentlich faszinierend, wie Geschichten und Leben über Jahrhunderte hinweg miteinander verbunden sind. All die inzwischen vergessenen Leben, weil die Menschen, die sie lebten, nicht bedeutend genug waren, um überliefert zu werden. All die vergessenen Frauen in der Geschichte, ihre Ängste und Stärken. Zusammenhalt und Freundschaft. Die Suche nach Selbstbestimmung, einem Lebenssinn, vielleicht auch nach ein klein wenig Magie. Damals wie heute. Mich hat die Geschichte rund um Nella, Eliza und Caroline in ihren Bann gezogen. Und vielleicht frage ich mich ab und zu, wenn ich etwas an Straßenrand liegen sehe, das so belanglos aussieht wie eine blaue Phiole, was für eine Geschichte wohl dahintersteckt.




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Daten zum Buch
Titel: Die versteckte Apotheke
Autor*in: Sarah Penner
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen übersetzt von Julia Walther
Verlag: HarperCollins
Hardcover | 384 Seiten | ISBN: 978-3-365-00150-9

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