Rezension zu »Lieber woanders« von Marion Brasch
Zwei Personen, zwei Geschichten. Die erste Person ist Toni. Sie ist 25 Jahre alt, Zeichnerin und lebt seit einem dramatischen Vorfall vor 6 Jahren zurückgezogen in einem Wohnwagen. Nach einem für sie schlimmen Sommer will sie den durchlebten Enttäuschungen fliehen und einen alten Schulfreund in Neuseeland besuchen, dafür fehlt ihr aber noch das Geld. Eine Lösung für dieses Problem könnte sowohl eine Lektorin sein, die sich mit Toni wegen ihrer Zeichnungen treffen will, als auch ihr Vater. Also macht sich Toni auf den Weg in die Stadt, um beide zu treffen. Die zweite Person ist Alex. Ein verheirateter Vater, der seit Jahren eine Affäre hat. In einem früheren Leben war Alex LKW-Fahrer, doch seit einem schicksalhaften Tag vor einigen Jahren arbeitet er als Band-Roadie. Als seine Tochter mit einer Blinddarmentzündung ins Krankenhaus kommt macht sich Alex auf dem Weg zu seiner Tochter.
Dem Prolog zufolge werden sich Toni und Alex ohne ihr Wissen innerhalb von 24 Stunden aufeinander zu bewegen. Vielleicht streifen sich ihre Leben das erste Mal, vielleicht auch nicht. Vielleicht ist die Begegnung bedeutend, vielleicht nicht. Und so berichtet die erzählende Person in immer abwechselnden, kurzen Kapiteln von Tonis und Alex' Weg zu einander. Immer wieder gespickt mit kleinen Einwürfen, Randnotizen, surrealen fast magischen Elementen, die das alltägliche Leben verzaubern und irgendwie erhöhen. Marion Brasch hat hier ein kleines, aber schönes und bewegendes Werk erschaffen über die Schuld, die vermutlich jede*r von uns auf die ein oder andere Art kennt, mit sich schleppt, als Teil des Alltags oder auch als Hindernis für ein einstiges, normales Leben. Mal verfolgen uns Kleinigkeiten, mal wirkliche und schwerwiegende Schuld. Und gleichzeitig erzählt der Roman vom Zufall. Von zufälligen Begegnungen, kleinen Momenten, in denen man jemand anderes Leben vielleicht fast streift, nur um dann doch in der letzten Sekunde anders abzubiegen. Aber ihr wisst ja: »Man trifft sich immer zweimal im Leben.«
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