Rezension zu »Taras Augen« von Katharina Bendixen

Taras Augen spielt in einer fiktiven Welt, die unserer in mancherlei Hinsicht gar nicht so fremd ist: Die 15-jährige Protagonistin Tara zum Beispiel lebt in der Stadt Rekan, geht zur Schule, ist Mitglied in einem Schwimmverein und hat sich vor einem halben Jahr mit ihrem gleichaltrigen besten Freund, Freund (?) und Nachbarn Alún verstritten. An einem ganz normalen Tag auf dem Weg zum Schwimmtraining sieht sie eine schwarze Rauchwolke über der Factory 11 in der Nachbarstadt Galapa. Schnell wird klar: Ein chemischer Gefahrenstoff ist ausgetreten und Galapa sowie Rekan unbewohnbar. Alle fliehen in andere Städte, Tara und Alún samt Familien zum Beispiel nach Tonfato. Doch dort wird schnell klar: Ein neues Leben anfangen kann nur, wer Geld hat. Als Rekan plötzlich von einer roten, in eine gelbe Zone umgewandelt wird, müssen diejenigen zurückkehren, die sich Tonfato nicht leisten können. Darunter auch Tara und ihre Familie. Hier teilt sich die Geschichte auf: In abwechselnden Kapiteln erfährt man sowohl von Alúns Leben in Tonfato (was hat es mit den Augen auf sich, die er auf Fliesen malt?) und Taras Neuanfang in Rekan. Tara ist dort ganz zufrieden: Nach und nach kommen mehr und mehr Menschen, auch Jugendliche, zurück. Während die Erwachsenen mit dem Wiederaufbau der Stadt beschäftigt sind, können Tara und die anderen Jugendlichen eigentlich tun und lassen was sie wollen. Eigentlich wäre also alles gut, wären da nicht die Kopfschmerzen und die Sichtausfälle, die Tara seit ihrer Rückkehr zu schaffen machen ...

Ich habe den Roman als eine Mischung wahrgenommen: Dystopie trifft Liebesgeschichte auf der einen, Chernobyl trifft Überwachungsstaat à la 1984 auf der anderen Seite. Geschrieben aus der Sicht zweier Jugendlicher handelt er von Umweltkatastrophen, Profitgier Korruption, einer in mehrerer Hinsicht gespaltenen Gesellschaft und Überwachung bzw. Kontrolle durch die Regierung. Und in all dem ist er zugleich eine Liebesgeschichte. Sehr viel Inhalt, sehr viel Potenzial. Mich persönlich hat der Roman nicht komplett überzeugt. Mag vielleicht daran liegen, dass ich mit 26 auch nicht mehr in die Zielgruppe der ab 14-Jährigen falle ... Allerdings weiß ich auch nicht, ob mir der Roman mit 14 gefallen hätte. Während Themen wie Alkoholkonsum doch sehr prägnant und ausführlich vorkommen, ist die Liebesgeschichte in vielerlei Hinsicht noch sehr kindisch für mich und hätte mich mit auch mit 14 wahrscheinlich gelangweilt. Persönlich bin ich ja auch kein Fan davon, wenn in deutschen Texten einige Wörter bewusst im Englischen gehalten sind, das hat für mich immer den Anschein eines Versuchs, den »Jugendslang« zu kopieren, wirkt zumindest für mich aber so gut wie immer aufgesetzt und forciert. Die gesellschaftskritischen Themen des Romans, die ja auch eigentlich Hauptaugenmerk der Geschichte sind, fand ich dagegen interessant und sicher auch hilfreich, diese im Rahmen einer zwar von unserer unterschiedlichen, trotzdem doch vergleichbaren Welt einer jugendlichen Leser*innengruppe zu vermitteln. Auch hier hätte ich mir wie bei der Liebesgeschichte etwas mehr Tiefgang gewünscht, wäre mir mit 14 wahrscheinlich nicht spektakulär und furchtbar genug gewesen. Während ich mir bei der ersten Hälfte unsicher war, konnte mich die zweite Hälfte definitiv mehr überzeugen. Meiner Meinung nach ist dieses Erstlingswert der Autorin eine interessante Geschichte, die sicher vor allem auch durch die angesprochenen Themen sowie das wunderschöne Cover und den Farbschnitt Anklang findet und mich neugierig darauf zurücklässt, was wohl als nächstes kommt. Denn eines hat das Buch auf jeden Fall: Potenzial. 




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Daten zum Buch
Titel: Taras Augen
Autor*in: Katharina Bendixen
Sprache: Deutsch
Verlag: Mixtvision
Klappenbroschur | 384 Seiten | ISBN: 978-3-95854-181-8

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