Rezension zu »So reich wie der König« von Abigail Assor
Casablanca im Jahr 1994. Die 16-jährige Sarah stammt ursprünglich aus Frankreich und wächst in Casablanca in ärmlichen Verhältnissen auf. Weil sie Französin ist, hat sie gegenüber arabisch und afrikanisch stämmigen Jugendlichen den Vorteil, kostenlos eine französische Schule besuchen zu dürfen. Seit der 9. Klasse setzt sie sexuelle Gefälligkeiten bei reichen, gleichaltrigen Jungen ein und verschafft sich auf diesem Weg Essen und Geschenke. In der 10. Klasse überdenkt sie ihre Taktik jedoch und konzentriert sich auf ältere Jungs, da diese – wie ihr momentaner Freund Kamil – länger spendabel sind. Eines Tages sieht sie den 24-jährigen Driss und beschließt sie muss ihn haben, denn: Glaubt man dem Gerede, ist Driss reicher als der König selbst, mindestens aber genauso reich. Daher stört es sie auch nicht, dass Driss nicht gerade der Schönste ist. Sein Geld ist alles, was für Sarah zählt. Um ihm und seinem Freundeskreis näher zu kommen, gibt sich Sarah ebenfalls als wohlhabend aus und ihr Plan scheint aufzugehen.
Bis zur Hälfte des Buchs fand ich Sarah furchtbar unsympathisch – ja, sie lebt in schlechten Verhältnissen in einem Land voller Probleme, aber das ist prinzipiell noch kein Grund, derart oberflächlich und berechnend zu sein. Sie hält sich für etwas besseres und erwartet, dass sie das ohne viel Aufwand auch bekommt, ganz einfach weil es ihr zusteht. Doch als Driss und Sarah sich langsam näher kommen, verändert sie sich und plötzlich wurde Sarah mir sympathischer. Neben und auch durch Sarahs Geschichte erzählt So reich wie der König von der Lebensrealität in Marokko 1994, die mich bestürzt und schockiert hat. Man taucht ein in die Kluft zwischen Arm und Reich, erfährt von der Ausbeutung der ärmlichen Bevölkerung, den rassistischen Vorurteilen gegenüber Bevölkerungsgruppen und vor allem auch von der niedrigen und furchtbaren Stellung der Frauen. Gleichzeitig erzählt das Buch aber auch eine Geschichte über die Hoffnung auf mehr, bessere Zeiten. Am Ende hat mich das Buch beklommen zurückgelassen – vielleicht auch ganz die Absicht des Buchs.
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