Rezension zu »Angsttier« von Lola Randl

»Wie schnell die Natur sich doch alles zurückholt, sobald keiner mehr da ist, der dagegen ankämpft, dachte Jakob.«

Das Paar Jakob und Friedel fühlt sich nicht mehr wohl in der Stadt und zieht aufs Land, irgendwo im Osten Deutschlands. Er ist Schriftsteller, sie arbeitet in einer Agentur. Sie ist wohl behütet und in einer Familie mit Geld aufgewachsen, er mit einer alleinerziehenden Alkoholiker-Mutter und Geldproblemen. Beide träumen von einer eigenen Familie und wollen das alte Haus ganz alleine, in alter Land-Manier, auf Vordermann bringen. Als Friedel schwanger wird, fängt ihre Zukunft an, Form anzunehmen.

Der Klappentext spricht von einer Sage über behaarte Dorfbewohner, die im Wald leben, sowie über ein Tier, von dem Jakob angegriffen wird, woraufhin sich alles ändert – ja und nein. Die behaarten Dorfbewohner werden im Buch nur ein Mal erwähnt und auch der Tierangriff ist eher nebensächlich. Ja, Jakob begegnet dem ein oder anderen Tier, das auch versucht bzw. es schafft, ihn anzugreifen, aber am Ende ist das nebensächlich für die Geschichte. Erwartet man – so wie ich – nach dem Lesen des Klappentextes eine Geschichte über Mythologie und vielleicht auch Werwölfe, wird man auf jeden Fall enttäuscht. Allerdings ist das Buch immer wieder gespickt von kurzen mythologischen bzw. geschichtlichen Elementen. Aus Jakobs Perspektive geschrieben, handelt der Roman vielmehr vom Ausbrechen aus klassischen Lebensmodellen, vom Auflehnen gegen das Leben, das andere von einem erwarten und von Jakobs unterdrücktem Unmut im Bezug auf die hauptsächlich von Friedel ausgehende Lebensgestaltung. All diese unterdrückten Gefühle verbildlichen sich durch die Wunde an Jakobs Hand, die er nicht behandeln lässt, sondern Trost und Sinn findet im Schmerz.

Während in der ersten Hälfte des Buchs sehr wenig passiert, verflechtet sich die Geschichte in der zweiten Hälfte zunehmend fast schon ins Abstruse. Ist das Buch eine Metapher, die ich nicht verstehe? Ein Bildnis der Macht der Natur und der voranschreitende Zerfall der Zivilisation? Ist Jakob einfach nur psychisch krank und man beobachtet seinen geistigen Zerfall? Ich weiß es nicht und kann das Buch persönlich daher nur bedingt empfehlen. Es lässt auf jeden Fall Raum für eigene Interpretationen, hat mich aber ziemlich ratlos zurückgelassen, deswegen bildet euch am Besten selbst eine Meinung.




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Daten zum Buch
Titel: Angsttier
Autor*in: Lola Randl
Sprache: Deutsch
Verlag: Matthes & Seitz
Hardcover | 174 Seiten | ISBN: 978-3-7518-0060-0

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