Rezension zu »Der Wal und das Ende der Welt« von John Ironmonger

Die Stille und Idylle des kleinen 300-Seelen-Fischerdorfs St. Piran wird an einem Tag gleich zwei Mal gestört: Zum einen, weil Kenny Kennet einen riesigen Wal im Meer schwimmen sieht und zum anderen, weil ein unbekannter und nackter Mann so gut wie tot am Strand angespült gefunden wird. Schnell eilen die Dorfbewohner herbei und retten den Fremden, der sich bald als Joe Haak vorstellt. Auch nachdem er wieder fit ist, bleibt Joe in St. Piran und lernt die Bewohner kennen, von denen er herzlich aufgenommen wird. In Rückblenden erfährt man von Joes vorherigem Leben, das droht, ihn einzuholen. Der Ende-20-Jährige hat bis zum Tag vor seiner Strandung als Analyst in einer Londoner Investment Bank gearbeitet. Sein Job war es, Zusammenhänge zu sehen und darauf basierend auf mögliche Konsequenzen zu schließen. Plötzlich taucht der Wal wieder auf, strandet wie Joe. Und Nachrichten werden laut vom Ausbruch einer Grippe, die sich zu einer Epidemie entwickeln könnte ...

Klar, man könnte sich jetzt fragen, warum ich mich mitten in einer realen Pandemie dazu entschließe, dieselbe Geschichte in fiktiver Form zu lesen. Ganz einfach. Der Buchrücken verspricht: »Dieser Roman gibt einem den Glauben an die Menschheit zurück.« Und ich hatte das Gefühl, dass ein bisschen Glauben an uns gerade jetzt nicht schaden kann. Und ich muss wirklich sagen, der Buchrücken hat nicht zu viel versprochen. Der Wal und das Ende der Welt ist unfassbar leicht und flüssig geschrieben. Man baut sofort eine Verbindung auf zu den unterschiedlichsten Menschen darin, erkennt viele Menschentypen wieder, feuert manche an, hasst andere ganz in Abhängigkeit von der eigenen persönlichen Einstellung. John Ironmonger stellt die wichtigen Fragen: Was kann unsere moderne Gesellschaft zum Einsturz bringen? Kann der Punkt erreicht werden, an dem es keine Erholung mehr gibt? Wie reagieren die Menschen auf eine Extremsituation? Zeigt sich das Gute oder gewinnt doch das Schlechte, Eigennützige in uns? Wie hängt alles mit allem zusammen? Welchen Einfluss kann ein einzelner Mensch auf die Geschichte haben? All diesen Fragen geht Ironmonger nach, mit einer warmherzigen, sympathischen und vor allem optimistischen Sicht auf die Menschen und die Dinge. Ich wünschte mir wirklich, ich würde in meinem Alltag mehr Menschen sehen, die sich so verhalten wie die Menschen im Buch. Aber hey, zumindest ist nach dem Lesen wieder ein bisschen mehr Hoffnung und Glaube daran in mir. Lest dieses Buch, wenn ihr euch besser fühlen wollt! Es ist sowohl Alltagsflucht als auch ein Umschreiben unserer Realität und diese Kombination tut einfach nur gut.




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Daten zum Buch
Titel: Der Wal und das Ende der Welt
Autor*in: John Ironmonger
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen übersetzt von Maria Poets & Tobias Schnettler
Verlag: S. Fischer
Taschenbuch | 512 Seiten | ISBN: 978-3-596-70419-4

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